Gottesdienst Predigt 26.12.2017

Predigt zu Off 7,9-12 - Vikarin Nina Junghans

 

1. Einstieg: Weihnachten liegt in einer Seifenblase
Eine Hand taucht einen Plastikring in eine Schüssel mit Seifenlauge. Schnell zieht sie den Ring durch die Luft. Es entsteht eine dünne schillernde große Seifenblase. Sie löst sich vom Ring und schwebt durch die Luft. Langsam dreht sie sich im Wind. In der Blase sieht man ein Wohnzimmer. Bunt funkelt der Weihnachtsbaum in der Ecke. Darunter liegen ausgepackt die Geschenke. In der Küche stapelt sich das Geschirr vom gemeinsamen Essen. Die Familie sitzt am großen Esstisch aus Holz. Auf dem Tisch liegen die bunten Karten eines Gesellschaftsspieles. Lachen erhellt die Gesichter. Dann dreht sich die Seifenblase weiter. Erneut tanzen schillernde Farben über die Oberfläche. Dann platzt sie.

Liebe Gemeinde,
an den Weihnachtsfeiertagen habe ich immer das Gefühl ich befinde mich in einer solchen Blase. Heute ist noch Weihnachten und das Gefühl ist noch nicht wieder ganz verflogen. Bis Silvester spüre ich Weihnachten noch. Spätestens dann hat mich der Alltag wieder. Mein Kalender ist ab dem 2. Januar wieder voller Termine, alle um mich herum arbeiten wieder.
Weihnachten liegt für mich in einer Blase. In einem Zwischenzustand. Erst ist alles so wie immer, dann kommt der Advent mit seinen Vorbereitung und die Einstimmung auf Weihnachten. Viel Zeit und Energie wird darauf verwendet, damit das Fest zu etwas besonderem wird. An den Feiertagen ist dann alles irgendwie anders. Die Stimmung, die Familienessen, die geschmückten Wohnzimmer. Die Uhren gehen irgendwie anders. Der Alltag kommt nicht vorbei an den Wänden der Seifenblase. Und eh man sich versieht, ist es auch schon wieder vorbei und der Alltag bestimmt einen. Dann hat sich die Seifenblase im Wind gedreht und ist zerplatzt. Zumindest bis zu den nächsten Weihnachtsfeiertagen.
So geht es wahrscheinlich nicht nur mir, sondern vielen Menschen. Auch den Hirten in der Weihnachtsgeschichte, die wir jedes Jahr hören, ging es wohl ähnlich. Sie standen auf den Feldern und hüteten ihre Schafe. Sie arbeiteten und diese Arbeit war ziemlich anstrengend. Die Hirten waren ganz normale Menschen, die ganz normale Arbeit machten. Aber für eine begrenzte Zeit ändert sich das: Der Engel sprach zu ihnen. Ganz sichtbar kam das besondere in den Alltag. Für die Hirten änderte sich für kurze Zeit alles. Sie gingen, um das Kind zu sehen und waren begeistert. Sie verbreiteten die Kunde und lobten Gott. Die Hirten hatten ihre eigene Seifenblase. In der durften sie einen Blick auf das besondere, das göttliche werfen. Ein Stück Himmel, das zu ihnen kam. Etwas, das sie nicht vergessen werden. Danach gehen sie wieder an die Arbeit.


2. Die Blase der Thronvision des Johannes
Weihnachten ist besonders. Für mich schimmert in dieser Zeit immer wieder ein Stück Himmel auf. Im gemeinsamen Singen der Weihnachtslieder und im friedlichen Zusammensein mit der Familie. Aber was ist wenn die Weihnachtsfeiertage zu Ende gehen? Wenn mich der Alltag wieder hat?
Der heutige Predigttext versucht sich an einer Antwort. Er stammt aus dem letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes. Auch der Predigttext bildet eine Blase. Eine Auszeit, eine Atempause, zwar nicht vom Alltag, aber von dramatischen Ereignissen. Mitten in die Schilderungen des Endes der Welt mit all seinen Schrecken steht folgende Vision.

9 Danach sah ich, und siehe, eine große Schar, die niemand zählen konnte, aus allen Nationen und Stämmen und Völkern und Sprachen; die standen vor dem Thron und vor dem Lamm, angetan mit weißen Kleidern und mit Palmzweigen in ihren Händen, 10 und riefen mit großer Stimme: Das Heil ist bei unserm Gott, der auf dem Thron sitzt, und bei dem Lamm! 11 Und alle Engel standen rings um den Thron und um die Ältesten und um die vier Wesen und fielen nieder vor dem Thron auf ihr Angesicht und beteten Gott an 12 und sprachen: Amen, Lob und Ehre und Weisheit und Dank und Preis und Kraft und Stärke sei unserm Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. ( Off 7,9-12)

Unmittelbar vor dieser Vision wird geschildert, wie die ersten Sechs Sigel des Buches mit den Sieben Siegeln geöffnet werden. Das volle apokalytische Programm, mit den vier Reitern der Apokalypse, Erdbeben, Sonnenfinsternis. Und auch wenn danach das 7. Siegel geöffnet wird, geht es so weiter. Erdbeben, Engel mit Posaunen, die ebenfalls Katastrophen auslösen. - Das ganze Buch lebt von seiner bildhaften Sprache und den Metaphern. Das Nachdenken über das Ende der Welt fasziniert Menschen schon immer und diese Szenarien mit all ihren Schrecken und ihrer Gewaltigkeit auszumalen ist nichts, was Hollywood erfunden hätte.
Und mitten drin: Unzählige Menschen aus allen Völkern und Schichten, die vor den Thron Gottes kommen, um ihn zu loben. Engel, die Gott mit Hoheitstiteln belegen. Als hätte einer die Pausetaste gedrückt, um zwischendurch etwas Hoffnung zu machen. Eine Blase aus Hoffnung in diesen Bildern des Schreckens.

Die Situation ist eine ganz andere, aber genau wie die Weihnachtsgeschichte für die Hirten ist diese Vision eine Unterbrechung. Alles Schlimme wird geschildert, die Welt geht ihrem Ende entgegen. Dann ist kurz alles anders: Dem Leser wird eine andere Welt gezeigt. Eine, die so anders ist, dass man es kaum glauben mag. Und ganz plötzlich geht es weiter wie zuvor.

3. Was bleibt von Weihnachten im Alltag?
Bei allem, was an dieser Szene merkwürdig ist, in gewisser Weise rundet sie Weihnachten doch ab. Heiligabend und am ersten Weihnachtstag haben wir zurückgeschaut. Auf eine Geschichte, die den meisten von uns sehr vertraut ist. Die aber gleichzeitig auch immer wieder fremd ist. In dieser ungewöhnlichen Geschichte zeigt sich: Der Himmel stand einen kurzen Moment lang offen. Gott zeigte sich auf der Erde. Dieser Moment wirkt sich bis heute aus.
Heute, am zweiten Weihnachtsfeiertag blicken wir in die entgegensetzte Richtung. Nach vorne. Schon die Lesung aus dem Alten Testament hat uns ein Bild des Friedens gezeichnet. Wolf und Lamm wohnen beieinander und Kalb und Löwe grasen zusammen.
Auch der Predigttext zeigt uns ein Bild des Friedens: Menschen aus allen Völkern versammeln sich friedlich vor Gottes Thron. Zwar nur für kurze Zeit und als Teil eines Traumes vom Ende der Welt, aber trotzdem ein Bild des Friedens.
Beide Blickrichtungen, in die Vergangenheit und Zukunft, hängen zusammen. Weil Christus vor über 2000 Jahren in die Welt gekommen ist, gibt es Grund zur Hoffnung auf eine Zukunft mit Gott.

Nachdem man an Heiligabend einen Blick in die Vergangenheit geworfen hat und am 2. Weihnachtstag ein Blick in die Zukunft gewagt hat, ist die Realität, in der man sich befindet, wieder die gleiche. Der Alltag hat einen fest im Griff. Negative Schlagzeilen dominieren die Nachrichten. Gute Neuigkeiten muss man manchmal richtig suchen.
Was sich aber geändert haben kann, ist die eigene Perspektive. Mit den Hoffnungsbildern des Friedens der Weihnachtszeit gibt es eine alternative Blickrichtung. Eine andere, als die, die immer nur auf die unmittelbare Umgebung schaut ins hier und jetzt. Eine Blickrichtung die sich vom Alltag löst und den Blick auf die Zukunft richtet. Eine Zukunft, in der der Himmel zu den Menschen kommt und die Engel ihren Lobgesang erneut anstimmen. Ganz ohne Seifenblase.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne und in Christus Jesus.
Amen.