Gottesdienst Predigt vom 31.10.2017

Impuls zum Glaubensbekenntnis - Pastor Henning Hinrichs

Liebe Gemeinde,
Haben sie etwas vermisst bislang? Vielleicht unser Glaubensbekenntnis, das wir normalerweise kurz vor der Predigt gemeinsam sprechen? Wir haben es nicht vergessen, sondern nur aufgehoben, für später.
Mit dem Glaubensbekenntnis ist es wie mit dem Feiern des Reformationsjubiläums. Es ist zunächst ein Blick zurück.
Mit unserem Apostolischen Glaubensbekenntnis halten wir in unseren Gottesdiensten einen uralten Text lebendig. Auch wenn er deren Name an die Apostel erinnert: Verfasst hat ihn wahrscheinlich keiner der 12 Apostel. Genau genommen wissen wir überhaupt nicht, wer ihn geschrieben hat. Kirchengeschichtler haben lange geforscht und sind der Überzeugung, dass dieses Bekenntnis schon über 1700 Jahre alt ist. Immer wieder taucht es in alten Texten auf, immer wieder leicht verändert, bis es schließlich vor über 1400 Jahren in Rom sprachlich in der Form festgelegt wurde, wie wir das Bekenntnis heute kennen – zuerst natürlich auf Latein.
Die deutsche Übersetzung blieb über die Jahrhunderte nicht unverändert. Wo Martin Luther noch übersetzte, dass wir an die „Auferstehung des Fleisches“ glauben, sprechen wir heute von der „Auferstehung der Toten“. Der deutsche Text wurde dem aktuellen Sprachgebrauch angepasst.
Und dann gibt es noch einen katholisch-evangelischen Unterschied: Wo man in der katholischen Kirche davon spricht, dass man an die „eine heilige katholische Kirche“ glaubt, - katholisch heißt wörtlich: die ganz Welt umfassend - da haben wir Evangelischen uns doch für die etwas lockerere Übersetzung mit der „heiligen christlichen Kirche“ entschieden, damit da kein Missverständnis entsteht, nur die katholische Kirche sei die richtige Kirche.
Auch das Glaubensbekenntnis steht nicht wir ein ewiger Block da. Und unsere Mitchristen und -christinnen in Osteuropa kennen unser Bekenntnis fast nicht: Sie haben nämlich ein anderes! Sogar eines, von dem sie genau wissen, woher es kommt, und wer verfasst hat: Das so genannte „Nicaenische Glaubensbekenntnis“ haben im Jahr 381 mehrere hundert Bischöfe gemeinsam intensiv beraten und als gemeinsame Kurzformulierung ihres Glaubens beschlossen.
Wenn Sie also einmal in ihrem Urlaub nach Griechenland fahren und dort eine Kirche besuchen, dann tun sie gut daran ihr evangelisches Gesangbuch mitzunehmen. Denn dort ist unter der Nummer 805 genau dieses Bekenntnis abgedruckt, dann können Sie das problemlos mitsprechen … halt auf deutsch statt griechisch.
Ja, es ist nicht so ganz einfach, mit unserem Glaubensbekenntnis.
Und auch manche Inhalte sind heute, naja schwierig. Was bedeutet den eeingeboren“? Und „empfangen durch den Heilgen Geist“? Was soll das mit der Jungfrauengeburt. Und und und.
Haben Sie schon einmal einen Brühwürfel gelutscht? – Wahrscheinlich eher nicht ... und das ist auch gut so. Denn seine Bestandteile sind extrem hoch konzentriert, dann getrocknet und zusammengepresst, damit sie Platz sparend lange Zeit aufbewahrt werden können. Das macht den Brühwürfel robust und praktisch, aber leider auch – in dieser Form wenigstens – nur schwer genießbar.
Das Glaubensbekenntnis hat Ähnlichkeiten mit einem Brühwürfel. Es ist eine Art getrockneter Nahrung für eine lange Reise. Die Wirkstoffe werden hoch konzentriert, damit sie lange Zeit bewahrt werden können. Das Glaubensbekenntnis ist ein Extrakt des Glaubens. Im Glaubensbekenntnis hält die Kirche in sehr kurzer und verdichteter Form fest, woran sie glaubt.
Wie beim Brühwürfel hat sich das auch beim Glaubensbekenntnis durchaus bewährt: Über 1700 wechselvolle Jahre hinweg hat es die Grundpfeiler des christlichen Glaubens bewahrt: Es ist und bleibt das gemeinsame Bekenntnis aller christlichen Kirchen.
Andererseits teilt es aber auch die Nachteile mit seinem Verwandten, dem Brühwürfel. Wie andere Extrakte kann man das Glaubensbekenntnis nicht einfach unverdünnt zu sich nehmen. Man muss diesen Brühwürfel auflösen – in den Erzählungen der Bibel aus dem Alten und Neuen Testament und dann auch in der eigenen Lebensgeschichte. Glauben lernt man durch Erzählungen, alten und neuen; Erzählungen von Menschen, die Erfahrungen gemacht haben mit Gott und dem Glauben an ihn.
Nur wenn es uns gelingt, den Brühwürfel aufzulösen, dann kann das Glaubensbekenntnis verständlich und erfahrbar werden.
Wie die Reformation. Reformation heißt ja wörtlich: Wiederherstellung, Erneuerung. Martin Luther hat versucht, all das, was Menschen in der langen Geschichte des Christentum entwickelt haben und wo sie eben auch, wie das immer so ist, wenn sich Menschen Gedanken machen, sich auch von der biblischen Botschaft entfernt haben, wieder an die ursprünglichen Worte Gottes zurückzubinden. Was sagt Gott zu euch direkt. Was heißt das für euer Leben, unser Leben, unsere Gesellschaft.
Reformation ist ein ständiges und gleichzeitiges Zurück zu Gottes Wort und voran in die eigene menschliche, von Gottes Wort herkommende Zukunft.
So sprechen wir das Glaubensbekenntnis: In diesem Brühwürfel Glaubensbekenntnis stecken die Geschichten der Bibel, sie werden in jedem Gottesdienst Wort für Wort erzählt, um das Glaubensbekenntnis genießbar zu machen. Und so sollen diese Worte unsere Worte würzen, unser Leben bereichern. Zu unserer Lebensgeschichte werden. Zurück z Gottes Wort und voran i ein gelungenes Leben.
Wir sprechen das Glaubensbekenntnis und erheben uns dazu: ….