Gottesdienst Predigt vom 19.02.2017

Predigt zu Lukas 8,4 – 8 (9-15) – Pastor Henning Hinrichs


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.
Liebe Gemeinde, liebe Täuflinge,
mit manchen Dinge muss man sich anscheinend einfach nur abfinden. Sie lassen sich nicht verändern, denkt man. Bei mir war das meine offensichtliche Unfähigkeit in den Sprachen. In Latein Ende der 10. Klasse eine 4 Minus mit viel Wohlwollen und Augenzudrücken meines Lateinlehrers, in Englisch etwas besser, eine 4 mit lediglich angedrohtem Minus. Ich war für Sprachen auch einfach zu still, die mündliche Beteiligung fehlte, mit der ich hätte noch etwas reißen können.
Mir war nach diesen Noten klar: Henning, du kannst einfach keine Sprachen, sieh es ein. Und das konnte ich, dachte ich, das konnte ich wohl auch nicht ändern. Aber eines schon. Nach der 10. durfte man Fächer abwählen, und diese beiden Fächer fielen meiner vermeintlichen Unfähigkeit zum Opfer.  
So ist das ja oft. Was man nicht kann, wählt man ab, lässt man bleiben, weil man ja auch keine Lust hat, ständig der eigenen Unfähigkeit ins Auge zu blicken. Oder weil man denkt, das ist nichts für mich, sollen die anderen das machen, sollen die damit glücklich werden. Und manchmal lehnt man sie dann auch ab.
Und so ist es mit dem Glauben an Gott auch. Es gibt Menschen, die haben den Glauben abgewählt. Aus unterschiedlichsten Gründen: ich glaube nur, was ich sehe oder was wissenschaftlich bewiesen werden kann, sagen die einen. Nach diesem schrecklichen Ereignis kann es für mich Gott nicht geben, sagen die anderen. Ich bin religiös unmusikalisch, sagen jene, ich kann einfach nicht glauben, auch wenn ich ´s versuchen würde. Glaube ist etwas für Schwächlinge, ich brauche keinen Glauben, sagen diese.
Zur Zeit Jesu war es unvorstellbar, dass ein Mensch nicht an Gott glaubt. Es war eher die Frage, an welchen bzw. von welchen Menschen man überzeugt war, sie würden richtig von Gott reden. Aber wie auch immer. Jesus muss die Argumente, als er von Gott erzählt hat, er muss die Worte der Menschen im Ohr gehabt haben, als er dieses Gleichnis vom Sämann erzählte:
Als nun eine große Menge beieinander war und sie aus den Städten zu ihm eilten, redete er in einem Gleichnis: Es ging ein Sämann aus zu säen seinen Samen. Und indem er säte, fiel einiges auf den Weg und wurde zertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen's auf. Und einiges fiel auf den Fels; und als es aufging, verdorrte es, weil es keine Feuchtigkeit hatte. Und einiges fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und erstickten's. Und einiges fiel auf gutes Land; und es ging auf und trug hundertfach Frucht. Als er das sagte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre!
Liest man die anschließenden Deutung, wie wir sie eben von Lisa auch gehört haben, wird man zwangsläufig vor die Frage gestellt: Und, wer von denen bist du? Was ist dein Grund, nicht an Gott zu glauben, nicht mehr an Gott zu glauben oder doch noch oder wieder an Gott zu glauben?
In dem Gleichnis gibt es mehr, ganze drei Beispiele, keinen Glauben zu haben, so als wenn es  typisch für Menschen ist, keinen Glauben zu haben, und nur einen, einen einzigen dafür.
Der Teufel nimmt einem Gottes Wort und den Glauben an Gott weg, sagt Jesus als erstes. Der Teufel. Klingt so ´n bisschen angestaubt, nach Mittelalter mit Ziegenbart und Ziegenfuß. Ist es aber nicht. Der Teufel, ob ich ihn nun als Person oder lediglich als Symbol sehen, ist der, der den Menschen von Gott wegzieht, ihnen einflüstert: Du brauchst doch gar keinen Gott, das kannst du doch alles selbst. Es gibt keine festen Regeln für dich, die setzt du dir selbst, du selbst entscheidest, was gut und böse ist. Lass dich doch nicht gängeln. Du bist frei, alles zu tun. Denk an dich. Denk an das, was du liebst. Du zuerst!
Lebe ich nicht oft tatsächlich so, dass ich meine, mein eigener und einziger Herr zu sein?
Ja, der Glaube an Gott setzt voraus, dass der Mensch Grenzen akzeptiert. Dass er akzeptiert, dass er nicht alles kann, nicht alles darf, nicht alles muss. Dein Körper setzt dir eine Grenze, er hat eine bestimmte Form, er wird krank, und du wirst irgendwann sterben. Auch wenn wir Menschen versuchen, den Körper zu optimieren, besser zu machen, er bleibt ein menschlicher, anfälliger Körper. Dein Geist ist beschränkt, manches verstehst du, manches nicht. Und auch deine Seele hat Grenzen, es gibt Dinge, die du nicht ertragen kannst, manches kannst du einfach nicht nachempfinden, auch in deiner Seele gibt es harte Stellen.
Aus der Erziehung von Kindern kennt man das: Kinder brauchen Grenzen. Kinder, Jugendliche müssen lernen, was richtig und falsch ist, müssen soziale Kompetenz erwerben. Ich habe mal von einem Menschen gelesen, dessen Vater abgehauen war und dessen Mutter ihrem Sohn keinerlei Grenzen aufgezeigt hatte, nie etwas verboten hatte, vielleicht um die Liebe ihres Sohnes nicht auch noch zu verlieren, der deshalb alles möglich durfte. Und der deshalb völlig haltlos lebte, wie ein Kuchenteig im Ofen, dem man die Kuchenform genommen hatte und der in seinem Leben zerfloss und sich an allem verbrannte an Drogen, an dem was möglich war. Es ist wohl so: grenzenlose Freiheit führt zu haltlosen  Menschen. Wer Kinder hat, weiß, was passiert, wenn es keine Grenzen gibt. Stundenlange Handyspiele im Bett, Chips und Schokolade als Grundnahrungsmittel und Chaos im Kinderzimmer – jedenfalls bei uns.
Aber gilt das denn nur für Kinder, Jugendliche - und die Erwachsenen sind dann fertig, brauchen keine Grenzen mehr? Dürfen alles? Oder haben schon alles begriffen, und was sie dann nicht sehen, gibt es auch nicht?
Glaube beginnt damit, dass ich eine höhere Macht in meinem Leben zulassen kann, das ihr ihr zutraue, mein Leben bereichern zu können, eigentlich erst richtig reich zu machen, meinem Leben etwas zu schenken, dass ich mir selbst gar nicht geben kann.
Kann ich das zulassen? Wenn ich das zulasse, beginnt der Glaube an Gott. Ich glaube an Gott. Aber dann kommt die nächste Hürde, Jesus nennt das Anfechtungen. Klingt auch nach Mittelalter, ist aber auch ganz aktuell.  Eine Anfechtung ist der Gedanke, etwas anderes könnte wichtiger, besser, wahrer sein. So wie man in der Partnerschaft denkt, ein anderer Partner würde mir mehr Glück bringen. Oder wie Griechenland-Touristen auf den Kykladen Insel-Hopping betreiben, von Insel zu Insel eilen, hier einen Tag, dort einen halben, so hüpfen mache von Religion zu Religion. Da ist einer getaufter Christ vielleicht hier in Reppenstedt, wechselt dann zu einer Freikirche, weil ´s da irgendwie verbindlicher zugeht, wird dann Buddhist, Nirvana und so, und landet dann bei Heilsteinen und Seelenwanderungen. Um dann wieder in die Kirche einzutreten, jedenfalls erst einmal.
Andere verlieren ihren Glaube, weil schlimme Dinge in ihrem Leben passieren, der Tod einen geliebten Menschen, eine Krankheit, Verluste, die so gar nicht mit dem zusammen passen, was sie bislang von Gott gedacht hatten. Gott soll doch einer sein, der mich vor allem beschützt, der das Gute will. Warum passiert dann nicht nur Gutes? Warum gibt es so schreckliche Dinge im Leben?
Der Glaube an Gott setzt voraus, dass der Mensch Grenzen akzeptiert. Dass er akzeptiert, dass er nicht alles kann, nicht alles darf, nicht alles braucht, nicht alles muss.
Bei meinem Besuchen hier in Reppenstedt begegne ich Menschen, die angesichts ihrer Sinnsuche, die angesichts der Dinge, die sie zu ertragen hatten, gelernt haben, ihr Leben in Gottes Hand zu legen. Die aufgehört haben, sich Gott so zu formen, wie er in ihr Leben passen könnte, ob nun aus Anfechtungen oder fürchterlichen Dingen, die sie nicht verstehen konnten, die angefangen haben, Gott zu akzeptieren als den, der unfassbar ist und doch zugleich in ihr Leben wirkt. Die versuchen, vor allem auf das zu achten, was Gott tut - und nicht darauf, was er meiner Meinung nach tun soll oder nicht tut. Es sind menschen, die vor allem hören können, hinter die Dinge schauen können, das entdecken, was nicht bewiesen werden kann.
Und einiges vom Samen fiel auf gutes Land; und es ging auf und trug hundertfach Frucht. Als er das sagte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre! ...Das ... aber bedeutet dies: Das aber auf dem guten Land sind die, die das Wort hören und behalten in einem feinen, guten Herzen und bringen Frucht in Geduld.
Erik, Tim und André, als getaufte Christen habt Ihr Glauben nicht als Besitz. Er steht immer wieder vor der Frage, ob ihr Gott braucht und spürt, ob es vielleicht nicht doch etwas besseres gibt oder das, was in eurem Leben passiert, zu Gott passt.
Solange Ihr nicht verlernt zu hören, zu behalten, eurer Herz aufmerksam zu halten, seid Ihr auf einem guten Weg. Manchmal merkt man dann auch, dass die eigenen  Festschreibungen gar nicht stimmen. Das man zum Beispiel gar keine Sprachenniete st, wenn man sich nur richtig damit beschäftigt, dass man auch noch als Erwachsener lernen kann, dass man Glauben auch einfach mal ausprobieren muss.
Das aber auf dem guten Land sind die, die das Wort hören und behalten in einem feinen, guten Herzen und bringen Frucht in Geduld.
Und der Friede Gottes....
Amen.

 

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