2.So.n. Epiphanias (16.01.22)

 

 

Predigt zu 1. Korinther 2,1–10

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Gemeinde,

wenn man Sie und Euch fragte, was für Sie und Euch das Wichtigste am christlichen Glauben ist, was würden Sie, was würdet Ihr antworten? Das ist ja eine Frage, die letztlich zu solch einer Erwachsenentaufe gehört, wie wir sie heute erlebt haben. Es gibt die formelhafte Seite, wie im Glaubensbekenntnis, und dann die ganz persönliche Antwort, dieser eine Fokus, warum sich ein Mensch taufen lässt.

Die Antwort des Paulus im Korintherbrief ist: Jesus Christus, der Gekreuzigte, ist das Wichtigste, die Hauptsache des christlichen Glaubens. Denn ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, ihn, den Gekreuzigten, schreibt er nach Korinth. Der gekreuzigte Gott.

Wo würden Sie, wo würdet Ihr anfangen, wenn es um den christlichen Glauben geht: Gerade war Weihnachten, also bei der Krippe oder auch beim Kreuz? Oder mit der Auferstehung? Oder der Schöpfung? Oder den 10 Geboten? Oder Vergebung oder Nächstenliebe, Gnade?

Es ist heute ja gar nicht so unwahrscheinlich, dass man gefragt wird: Was glaubst Du als Christ, als Christin eigentlich? Warum bist du eigentlich noch in der Kirche? Der Nachbar oder die Kollegin, deren Familien schon nicht mehr zu einer Kirche gehörten, könnten so fragen. Oder der muslimische Arbeitskollege. Oder ein Atheist aus dem Freundeskreis. Oder eine religiös Unentschlossene in der Familie.

Also: wo anfangen, was ist das Wichtigste?

Der Apostel Paulus stellt den gekreuzigten Jesus Christus ins Zentrum des Glaubens. Nicht die Krippe, nicht die Auferstehung, nicht die Schöpfung, nicht die 10 Gebote, und auch kein leeres Kreuz als christliches Symbol; nein: den leidenden, gekreuzigten Christus stellt er in die Mitte.

Für manche in Korinth war der gekreuzigte Jesus Christus eine Dummheit, für andere ärgerlich. Griechen und Juden konnten da nur den Kopf schütteln über diesen so seltsam leidenden Gott am Kreuz, und das Kreuz war ja auch als Hinrichtungswerkzeug der Römer ursprünglich ein Sinnbild für Schande. Korinth war damals eine Großstadt mit Menschen unterschiedlichster Herkunft und Religion. Viele Menschen waren zur Gemeinde gekommen und hatten sich taufen lassen. Aber es gab immer mehr Spannungen in der Gemeinde. Da gab es – wie heute - soziale Spannungen. Da gab es Reiche, eine Mittelschicht und Arme in der Gemeinde. In Korinth drohte der Zusammenhalt der verschiedenen sozialen Schichten unter den Christen verloren zu gehen.

Dann gab es auch damals in Korinth schon dies: da gehen manche lieber zum Pfarrer X, weil er so anspruchsvolle, intellektuelle Predigten hält. Andere gehen wegen der aktuellen, politischen Predigten lieber zur Pfarrerin Y. Und die meditativ-musikalischen Gottesdienste in der Z-Kirche finden wieder ihr eigenes Publikum.

Personen, Richtungen, Frömmigkeitsstile – eine Großstadtgemeinde differenziert sich aus. Damals wie heute.  Aus dieser Situation stellte sich die Frage: was hält sie zusammen? Sind es besondere Persönlichkeiten, Prediger, Pfarrerinnen, Bischöfe, Aktionen? Was ist wirklich echt, wo ist das Wichtigste; und was ist nur aufgesetzt oder nur oberflächlich?

Paulus hatte den Eindruck, dass es inzwischen viel Äußerlichkeit, viel Aufgesetztes in der Gemeinde gibt. Er erinnert die Korinther daran, wie er selber aufgetreten ist, damals als er als Missionar die Gemeinde gründete.

Und ich war bei euch in Schwachheit und in Furcht und mit großem Zittern; und mein Wort und meine Predigt geschahen nicht mit überredenden Worten der Weisheit, sondern im Erweis des Geistes und der Kraft, auf dass euer Glaube nicht stehe auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft.

Paulus hatte damals auf die Korinther nicht besonders intellektuell gewirkt, war nicht besonders eloquent gewesen. Er fühlte sich schwach in seiner Arbeit. Er hatte Angst, wenn er mit den Menschen sprach. Und seine Knie zitterten beim Predigen. Aber musste das nicht so sein! Nicht er, nicht seine Weisheit sollte im Vordergrund stehen, so schreibt er, sondern allein das Evangelium. Gewirkt hat das Evangelium bei euch, schreibt er. Nicht ich. Gewirkt hat die Kraft Gottes. Gewirkt hat durch die Schwäche des Paulus hindurch Jesus Christus, der Gekreuzigte.

Und davon will Paulus predigen, davon wie Gott wirkt, wie Gott gerade in den Schwachen wirkt, wie er als Schwacher wirkt. Wie er gerade dort wirkt, wo andere schon längst alles abgeschrieben und verlassen haben.

Gott ist ein Gott, der Anteil nimmt, bis ins Extrem des Leidens. Er ist bei den Leidenden, Schwachen, Armen und Sterbenden. Am gekreuzigten Jesus Christus kann man Gott sehen. Schwach sieht er aus. Und doch geht von dieser Bereitschaft, bis an diesen Punkt zu gehen und so Veränderung von ganz unten zu ermöglichen, selbst den Abgeschriebenen Wert und Würde zu geben, das einzige Leben aus, das Bestand haben wird. Allein wo Gottes Liebe wirkt, hat Leben Bestand. Der Gekreuzigte wird zum Auferstandenen.

Vielleicht können deshalb Leidende viel leichter Zugang zu diesem Gott finden, weil er einer von Ihnen ist. Jesus, der Gekreuzigte, bleibt oft ein Geheimnis für unsere üblichen menschliche Vorstellungen, die den Erfolg und körperliche Fitness als Maßstab nehmen. So war das bei vielen in Korinth, so ist das heute immer noch. Wenn es schon Leid gibt, dann soll es doch bitte schnell behoben werden. Leid ist nicht akzeptabel, und ein Gott, der keine Wunder tut, um das Leid schnell zu beheben, ist nicht überzeugend.

Paulus hat gerade in seiner eigenen Schwachheit erlebt, wie Gott wirkt. Er hat erlebt, als ein Schwacher ein Werkzeug, ein Kanal für Gottes Weisheit, für seine Zuwendung zu werden. Erlebt, wie wertvoll und wichtig er war. Als Schwacher. Das hat ihm die Augen geöffnet. Er sah Elende im Vertrauen auf Gott aufatmen, Leidende lächeln, er sah, dass alles Erlebte zum Schatz werden kann, auch das Schwere und Schwache, sah, wie gerade ein Leidender andere bereichern, eine Hilfe sein konnte. Er sah die Weisheit des Kreuzes.

Wer schon mal mit jemandem geredet hat, der oder die durch Schweres hindurchgegangen ist und es bewältigt hat, versteht das. Wie viel Kraft und Tiefe in diesen Menschen ist, ja, Weisheit. Mehr als in den Erfolgreichen und Fitten.

Ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, ihn, den Gekreuzigten.

Das ist das Wichtigste am christlichen Glauben für Paulus.

Was ist das Wichtigste am christlichen Glauben? Das Kreuz oder die Krippe? Die 10 Gebote, die Schöpfung oder die Auferstehung? Oder Vergebung oder Nächstenliebe, Gnade? Das alles gehört zusammen. Wie immer wir unsere Schwerpunkte im Glauben setzen, was immer uns als das Wichtigste erscheint – alles läuft in dem zusammen, der als Gekreuzigter ernst gemacht hat mit uns, in dem, der Liebe und Leben schenken will.

Und der Friede Gottes, der größer ist als unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen.

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