Gottesdienst Predigt 03.02.2019

Predigt zu 1. Kor 1,4–9 - Pastor Henning Hinrichs

 

 

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes du die Gemeinschaft des Heiligen Geists sei mit euch allen. Amen.

Liebe Gemeinde,

am Mittwoch war ja mal wieder Zeugnistag. Kinder und Jugendliche haben für dieses Halbjahr ihre Noten bekommen, schwarz auf weiß einen Leistungsnachweis, mit dem zu rechnen war, der mache vielleicht doch überrascht hat oder vielleicht sogar als ungerecht empfunden wurde. Zeugnistage haben so etwas Absolutes. So wirst du beurteilt, deine Leistung, für manche gleichbedeutend mit: So bist du.

Ich weiß noch, als ich vor zwei oder drei Jahren das erste Mal das Lied „Zeugnistag“ von Reinhard Mey gehört habe. Darin beschreibt er, wie er als ungefähr Zwölfjähriger nach einem katastrophalen Zeugnis die Unterschrift seiner Eltern gefälscht und das Zeugnis so dem Klassenlehrer vorgezeigt hatte. Er war ja erst 12 Jahre alt, seine Kinderschrift sah beim besten Willen nicht wie die eines Erwachsenen aus. Und so wurden seine Eltern zum Schulleiter zitiert. Es sollte ihnen mal so richtig aufgezeigt werden, was für ein durchtriebener und nichtsnutziger Junge ihr Sohn sei. Und was dann passiert, hat mir geradezu den Atem geraubt.

„Mein Vater nahm das Zeugnis in die Hand und sah mich an / Und sagte ruhig: Was mich anbetrifft / So gibt es nicht die kleinste Spur eines Zweifels daran / Das ist tatsächlich meine Unterschrift. / Auch meine Mutter sagte, ja, das sei ihr Namenszug / Gekritzelt zwar, doch müsse man versteh'n / Dass sie vorher zwei große, schwere Einkaufstaschen trug / Dann sagte sie: „Komm, Junge, lass uns geh'n. Ich weiß nicht, ob es Rechtens war, dass meine Eltern mich / Da rausholten, und wo bleibt die Moral? / Die Schlauen diskutier'n, die Besserwisser streiten sich / Ich weiß es nicht, es ist mir auch egal / Ich weiß nur eins, ich wünsche allen Kindern auf der Welt / Und nicht zuletzt natürlich dir, mein Kind: / Wenn's brenzlig wird, wenn's schiefgeht, wenn die Welt zusammenfällt / Eltern, die aus diesem Holze sind.“

Was mich so berührt hat, war zu merken, dass Leistung, dass das Einstehen für die eigenen Fähigkeiten und Unfähigkeiten, für die Fehltritte nicht alles ist. Dass es von Größe zeugt, wenn Menschen, die Verantwortung für andere haben, etwas anderes an erste Stelle setzen können, auch wenn es nach sogenanntem gesundem Menschenverstand vielleicht falsch ist. Dieses: Egal was unser Sohn getan hat, er ist und bleibt unser geliebter Sohn und er hat es nicht verdient, vorgeführt, erniedrigt, abgeurteilt zu werden. Was sie ihrem Sohn geben ist Nähe, Vertrauen, Zugehörigkeit. Treue. Wir sind für dich da.

Ich danke meinem Gott allezeit euretwegen, schreibt Paulus im 1 . Korintherbrief: Ich danke meinem Gott allezeit euretwegen für die Gnade Gottes, die euch gegeben ist in Christus Jesus, dass ihr durch ihn in allen Stücken reich gemacht seid, in allem Wort und in aller Erkenntnis.

Was Eltern ihren Kindern immer geben können, ist vor allem dies: Die Gewissheit, angenommen zu sein und immer wieder dieses Gefühl, beschenkt zu werden. Egal was du getan hast, du bist und bleibst unsere geliebte Tochter, geliebter Sohn. Für dich würden wir alles tun, was in unserer Macht liegt.

Und als Mensch, besonders als Christ sollte man entsprechend die Erfahrung machen können, von Gott beschenkt zu werden. Immer wieder die Gewissheit zu entdecken: Ich bin Gottes geliebtes Kind – was ich auch tue oder nicht tue. Ich werde beschenkt.

Paulus startet seinen Dank nicht mit einem Lob für die außerordentlichen Fähigkeiten der Christen in Korinth, ihrem starken Glauben etwa, ihrer gegenseitigen Unterstützung u.ä. Das mag damals in der Gemeinde erlebt worden sein, manche werden es vielleicht auch gerade nicht erlebt haben. Wie man eine Gemeinde beurteilt, hängt ja davon ab, welche Teile man erlebt, und ob die eigenen Bedürfnisse davon überhaupt berührt werden. Das ist hier in Reppenstedt auch so. Für die einen toll, für die anderen oll.

Aber so argumentiert Paulus nicht. Ich danke meinem Gott allezeit euretwegen für die Gnade Gottes, die euch GEGEBEN IST in Christus Jesus, dass ihr DURCH IHN in allen Stücken REICH GEMACHT SEID. Paulus argumentiert von Gott her. Er ist es, der gibt. Gott wirkt durch euch, um euch und eure Gemeinde reich, lebendig, stark zu machen. Und dadurch seid ihr schon reich. Ihr seid begabt.

Lass dir deshalb von niemandem einreden, du seist ein Nichts, unbegabt, ein Verlierer, lass dich nicht vorführen, erniedrigen, aburteilen. Denn „wenn's brenzlig wird, wenn's schiefgeht, wenn die Welt zusammenfällt“ ist Gott doch bei dir in seiner Nähe und Liebe.

Manchmal liegt der Unterschied ja auch nur in der Fähigkeit zu erkennen, was die besondere Gabe ist. Sie kennen das Beispiel vom Pinguin, oder? So ein unförmiger, tapsiger Vogel, wenn er da durch die Antarktis watschelt. Vogel ist eigentlich schon zu viel gesagt, der kann ja noch nicht mal fliegen! Die ersten Polarforscher werden den Pinguin wahrscheinlich beim ersten Anblick verspottet haben: Laufen: 5-! Fliegen: 6!! Hätten Sie ihn tauchen sehen, hätten sie gestaunt und wären in ihrem Spott verstummt. Nicht das Gehen, Laufen oder Fliegen ist des Pinguins Gabe, es ist das blitzschnelle und wendige Tauchen.

Wenn ich jetzt auf uns schaue, auf mich, dann frage ich mich, was Gott wohl in uns, in mich gelegt hat. Ist es das Offensichtliche, was andere, was wir selbst von uns kennen? Oder müssten wir nur in andere Situationen kommen, um das zeigen zu können, was in uns steckt! Was Gott vielleicht mit uns vorhat!

In Korinth hat Paulus in den Menschen Gottes Wirken erfahren. Er schreibt: Denn die Predigt von Christus ist unter euch kräftig geworden, sodass ihr keinen Mangel habt an irgendeiner Gabe und wartet nur auf die Offenbarung unseres Herrn Jesus Christus. Der wird euch auch fest machen bis ans Ende, dass ihr untadelig seid am Tag unseres Herrn Jesus Christus. Denn Gott ist treu, durch den ihr berufen seid zur Gemeinschaft seines Sohnes Jesus Christus, unseres Herrn.

Gott ist treu. Anders ausgedrückt: Er hält zu dir, lässt dich nicht fallen, er bleibt verlässlich an deiner Seite. Aus solchem Holz ist Gott geschnitzt!

Reinhard Meys Eltern sind schon gestorben, aber weil sie ihm diese Erfahrung geschenkt haben, kann er es nur genauso machen, angesteckt von ihrer Liebe. So prägen Vergangenheit und Gegenwart die Zukunft.

Wie bei Paulus: Durch ihn seid ihr in allen Stücken reich gemacht. Und: Der wird euch auch fest machen bis ans Ende.

Gott ist treu. Jetzt bleibt nur noch eines. Mein Vertrauen in seine Treue. Gottes Treue ist wie Geschenk. An uns ist es, dieses Geschenk auszupacken. Ich will vertrauen, dass Gott mich begabt, in mir wirkt, immer bei mir ist.

Und der Friede Gottes, der…

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